Jahrestagung AG Schwule Theologie e.V. 2025
Mannsbilder und Männlichkeitsdiskurse
// 28 Mannsbilder trafen sich Mitte Oktober im Waldschlösschen, um miteinander über ihr Selbstverständnis, über das Bild des (toxischen) Mannes in der Gesellschaft und über den Blick der Bibel auf Männlichkeit ins Gespräch zu kommen.
In fast schon klassischer Manier hat Herbert Grönemeyer 1984 mit „Männer“ eine Hymne auf die tausend Facetten von Männlichkeit verfasst, was erste angeregte Gespräche unter den Teilnehmern entfachte. Der Abendimpuls zur Geschichte Jakobs am Jabbok leitete über zur physischen Betrachtung der Männlichkeit beim gemeinsamen Saunieren.
Der heute kaum mehr bekannte Songwriter Pete Wyoming Bender stimmte am Morgen mit den Liedern „Nicht mehr siegen“ und „Du bist nicht wie die anderen“ auf eine kritische Auseinandersetzung mit Männlichkeit ein, was dem Männerforscher Christoph May in seinen Ausführungen zur toxischen Männlichkeit sehr anschaulich gelang. In seinen Workshops beleuchtet er männliche Mono- und Schweigekulturen (die auch in den Kirchen zu finden sind), den in Bild, Film usw. häufig dargestellten „männlichen Körperpanzer“ oder patriarchale Strukturen. In der Diskussion kam auch zur Sprache, wie „männlich“ unser Gottesbild geprägt ist und wie viel Kritik daran – auch wir schwulen Männer – zulassen.
Der katholische Theologieprofessor Hans-Ulrich Weidemann stellte die wesentlichen Grundzüge der aktuellen Männlichkeitsforschung in der historischen und theologischen Wissenschaft dar. Angeregt diskutiert wurde das Körper- und Männerbild, das in den paulinischen Briefen durchscheint, und das auf der Folie der antiken römisch-griechischen Gesellschaftsordnung zu lesen ist. Dass in der jesuanischen Überlieferung auch eine männlichkeits-kritische Botschaft steckt, legen Worte wie „bei euch soll es nicht so sein“, „werdet wie die Kinder“, und ganz besonders der völlig „unmännliche“ und alles andere als heldenhafte Kreuzestod Jesu nahe.
Ganz praktisch tobten einige Teilnehmer eine Seite ihres Mann-seins aus, indem sie mit Axt und Säge in den Wald gingen und aus einem Baumstamm ein Kreuz sägten.
Nach der Mitgliederversammlung des Vereins, die auch die Frage nach einer Umbenennung in „Queere Theologie“ aufwarf, begeisterten die parallel tagenden Kammermusiker*innen mit Orchester- und Solodarbietungen verschiedenster Jahrhunderte und Stilrichtungen, bevor gemeinsames Schwitzen und anregende Gespräche die Nacht kurz werden ließen.
Im sonntäglichen Gottesdienst stand der Kerl „Goliath“ im Mittelpunkt, der durch den Schafhirten David besiegt wird, der „jung, rötlich und von schöner Gestalt“ beschrieben wird. Wieder entdeckt man beim genauen Lesen und Hören sehr disparate Bilder von Männlichkeit in der Schrift, deren weitere Diskussion lohnt.
Christian Herz
Vorschau Jahrestagung 9.-11.10.2026: „Resilienz gegen Rechts“ mit Martin Becher, Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus sowie Fachstelle für Demokratie und gesellschaftliches Miteinander in der Evangelischen Landeskirche Bayern. Waldschlösschen VA 26-033, https://waldschloesschen.org/events/jahrestagung-schwule-theologie/
Anmeldung über: vorstand@schwule-theologie.de
