James Martin: Eine Brücke bauen. Wie die katholische Kirche und schwule, lesbische, bisexuelle und trans* Menschen zu einer wertschätzenden Beziehung finden

// Rezension von Leopold Stübner SJ auf www.jesuiten.org

Mit “Eine Brücke Bauen” kommt ein wichtiges Buch gerade zur rechten Zeit nach Deutschland. Der New York Times Bestsellerautor Pater James Martin SJ – bekannt durch Titel wie “The Jesuit Guide to Almost Everything” oder “Jesus – A Pilgrimage” – begibt sich mit seinem neuestem Buch bewusst in ein kirchliches Minenfeld.

“Eine Brücke Bauen” wirbt für einen echten Dialog zwischen der Kirche und schwulen, lesbischen, bisexuellen und trans* Menschen (im Folgenden verwende ich die Kurzform LGBT). James Martin stellt einige mögliche Wegweiser für den Dialog auf: Achtung, Barmherzigkeit und Takt. Worte und Werte, die er direkt aus dem römischen Katechismus übernimmt und auf die er die Kirche nun zu verpflichten sucht. 

Das englische Original, welches nun bereits in der zweiten Auflage vorliegt, hat für viel Aufsehen gesorgt. Begeisterte Zustimmung und Unterstützung von Bischöfen und Kardinälen genauso wie bittere Kritik und selbst Straßenproteste. Persönlich ging mir nach dem ersten Lesen des Buches die Frage “Warum eigentlich so viel Kontroverse?” nicht aus dem Kopf. Denn Nichts, was James Martin schreibt, scheint mir kontrovers und unerhört, ja eigentlich ganz im Gegenteil. 

Jedes Wort hat Pater Martin sorgfältig abgewogen und das Buch ist von seinen Ordensoberen gegengelesen und abgesegnet worden. Auch der Vatikan selbst hat das Buch willkommen geheißen und James Martin im Sommer 2018 zu einem Vortrag über LGBT-freundliche Pfarreien zum vatikanischen Weltfamilientreffen nach Dublin eingeladen.

Dass das Buch trotz dessen so viel Widerstand hervorruft, wirft ein Schlaglicht auf seine Existenzursache: Unsichtbarkeit, Sprachlosigkeit und Tabu. LGBT Katholikinnen und Katholiken werden fast immer nicht wahrgenommen und sie kommen nur im Ausnahmefall einmal in offiziellen Texten und Gebeten vor. Kirchliches Leben und echte und dringend gebrauchte Seelsorge mit und für LGBT Katholikinnen und Katholiken scheitert oft so schon im Ansatz. Mit Eine Brücke Bauen gelingt es James Martin diesem Skandal eine unaufgeregte, biblisch inspirierte und geistlich anregende Antwort entgegenzustellen.

Echter Dialog geht nur in beide Richtungen. Deswegen hat auch die Brücke, die Pater Martin bauen möchte, zwei Spuren. Im Detail beschreibt er wie ein Dialog gelingen kann und auf welche Schlaglöcher zu achten sind. James Martin stellt dabei Ansprüche an beide Seiten, jedoch ohne dabei die besondere Verantwortung auf der Seite der Kirche aus dem Blick zu verlieren.

Martins Buch stützt sich auf viele Erfahrungen und Begegnungen. Auf Glaubenszeugnisse von LGBT-Katholikinnen und -Katholiken und auf die jahrzehntelange Erfahrung von Seelsorgerinnen und Seelsorgern. “Eine Brücke Bauen” bietet zudem auch Gebetsimpulse und Reflexionsfragen an, die besonders für die Gruppen- und Pfarreiarbeit geeignet sind.

Auf dem Büchermarkt wird “Eine Brücke Bauen” ohne Zweifel ein Erfolg. Den eigentlichen Erfolg dieses Buches jedoch werden wir hoffentlich daran erkennen können, dass es nun auch im deutschsprachigen Raum viele notwendige, heilende und Hoffnung machende Gespräche in unseren Pfarreien, Gruppen und Gemeinschaften anregen wird.


224 Seiten, Ostfildern 2018 (Patmos Verlag)

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