Trauer um Joseph Müller

// Beim letzten queerGottesdienst im Oktober haben wir noch für unseren lieben Freund Joseph gebetet, und nur zwei Tage später ist er kurz vor seinem 72. Geburtstag seinem Krebsleiden erlegen.
Joseph war seit den Anfängen beim queerGottesdienst ein aktives Mitglied und steter Freund an unserer Seite. Auch bei vielen Aktivitäten wie Wallfahrten, Seminaren, beim Thekendienst im Sub oder dem queerBibelteilen war Joseph immer mit Tatkraft und Interesse dabei. Er war die gute Seele hinter der Theke im Familienstüberl und hat sich in den Pfarrgemeinderat von St. Paul im Pfarrverband Westend wählen lassen, um uns dort zu vertreten.
Lieber Joseph: Du wirst uns in deiner sanften und liebenswürdigen Art immer im Gedächtnis bleiben! Du fehlst uns – aber wir bleiben in Verbindung!

Gerhards Nachruf am Grab

Die Beisetzung fand am Donnerstag, 20. Oktober 2022 auf dem Münchner Nordfriedhof statt.

“Wenn wir Joseph Müller verabschieden, dann können wir das nicht tun, ohne von seinem Schwulsein und seinem Engagement im queerGottesdienst zu reden. Denn Homosexualität und Kirche, das war ein großer Teil in seinem Leben. 

Bei der HuK (Initiative “Homosexualität und Kirche”) habe ich ihn kennengelernt, vor etwa 30 Jahren. Da saß dieser unscheinbare kleine Mann, der darum rang, als Schwuler in der Kirche Anerkennung zu finden und dabei eine erstaunliche Beharrlichkeit entwickelte. Er wirkte mit, dass seine Kirche ihm Platz lässt und dass er in seiner Kirche andere schwule Männer kennenlernt. 

Das führte ihn geradewegs in den queerGottesdienst. Das war seine Welt, schwul und katholisch miteinander verbunden. Er konnte in der Kirche ganz offen schwul sein. Die Kontakte, die sich dabei ergaben, waren wichtig für ihn, sehr wichtig, darin lebte er auf. Er hat von Anfang an Aufgaben übernommen, betreute die Theke nach dem Gottesdienst oder im Sub (Schwules Kommunikationszentrum München).

Im Gottesdienst hat er oft mitgewirkt, hat einmal sogar gepredigt, das war noch in St. Stephan, hat Lesungen und Gebete übernommen. Er hat mir vor Jahren gesagt, er will nun aufhören, im Gottesdienst mitzuwirken, weil es ihm nicht so entspricht. So war er: Wenn er gespürt hat, dass es nicht mehr für ihn passte, hat er damit aufgehört. Dafür finde ich noch ein Beispiel: Er hat viele Jahre in jedem queerGottesdienst für die Kranken gebetet, man konnte sich darauf verlassen. Er fand immer wieder neue Formulierungen für das stets gleiche Anliegen. Besonders, dass die Kranken nicht verzagen sollten, hat er oft gesagt. Als es vor ein, zwei Jahren mit der eigenen Gesundheit bergab ging, hat er aufgehört, für die Kranken zu beten, so als hätte er es jetzt selbst nötig, dass für ihn gebetet würde. Das haben wir dann auch gemacht.

Für andere beten: Vor eineinhalb Jahren haben wir zwei Zelebranten im queerGottesdienst verabschiedet, sie knieten vor der Gemeinde, die still für die beiden betete. Joseph stand auf und legte den beiden die Hände auf. Das war nicht abgesprochen, er tat es stellvertretend für die ganze Gemeinde. Ein Impuls, der so viel aussagt über sein Gespür für die Situation. 

Der Joseph hat viel Kontakt gebraucht, körperlichen Kontakt. Es war ihm so wichtig, unter Menschen zu sein, unter schwulen Männern zu sein und sie zu spüren. Auf einem queerWochenende hat er sehr berührend erzählt von seiner erfolglosen Suche nach dem einen Freund, der alles mit ihm teilt. Diesen Mann hat er nicht gefunden und er hat sich so danach gesehnt. Er hatte so ein Bedürfnis danach, gestreichelt zu werden, seine strapazierte Haut hat sich so danach gesehnt. Möge er nun von Kopf bis Fuß umhüllt sein von Gott, der ihm alles ergänzen möge, was ihm fehlte.”

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